Vertrauen in sich selbst – mit Samy Molcho, Experte für Körpersprache

Es ist mir lieber, mich zu öffnen und ein Risiko für etwas Neues einzugehen, anstatt mich dauernd zu schützen. Ich lebe mit Freude. Ich lebe im Austausch mit Menschen. Selbst wenn ich dann kürzer leben sollte, habe ich wenigstens gelebt und mich nicht versteckt!


Samy Molcho

Der in Israel geborene Pantomime, Schauspieler und Regisseur gilt als führender Experte für Körpersprache. Nach seinem Studium von Tanz, Schauspiel und Pantomime wirkte er international als Künstler und Lehrer. Bis 2004 war er ordentlicher Universitätsprofessor am Max-Reinhardt-Seminar der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Er ist zudem Autor zahlreicher Bestseller über Körpersprache.
http://www.samy-molcho.at


Für meine Interviewreihe „Mach’s weg“ habe ich Interviews aus verschiedensten Perspektiven über die Corona-Krise, den Graben zwischen “Alternativ-” und Schulmedizin, und über eines der wichtigsten Themen im Leben geführt: Gesundheit. Aber was ist das überhaupt? Lassen sich Krankheiten und ihre Symptome einfach „weg machen“? Wieso kümmern sich Menschen umeinander? Und wie sähe ein Gesundheitssystem aus, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt?

23 gesammelte Mach’s weg“-Interviews sind hier als Buch zu bestellen.


Das Interview wurde am 03.09.2020 in Wien geführt

Laurens Dillmann:. Was hat Körpersprache mit Gesundheit zu tun?

Nichts. Weil die Körpersprache nur ein Geschehen zum Ausdruck bringt. Körpersprache ist Kommunikation, wo man einander Signale schickt, sieht, interpretiert, versteht: In welchem Zustand ist der Andere? Ist das für mich gut? Ist das für mich bedrohlich? Wo stehe ich in der Kommunikation mit der anderen Person? Im Prinzip errichten wir mit dieser Kommunikation ein ganzes soziales Netz. Das heißt, der Körper reagiert darauf, was geschieht. Du sprichst mit jemandem und bemerkst zum Beispiel: Dieser Mensch hat wenig Energie, wenig Kraft, ist in sich versunken. Seine Linien gehen hinunter anstatt hinauf. Die Energie fließt nicht frei. Der Energiefluss des Körpers weist durchaus auf Gesundheit oder Krankheit hin. Jede Blockade dieses Energieflusses deutet auf Hemmungen hin. Hemmungen oder Blockaden entstehen durch Krankheit, werden uns aber großteils auch durch die Erziehung mitgegeben. In einem sozialen Netz braucht es freilich Spielregeln. Diese Regeln schreiben vor, was du nicht machen darfst, um den anderen nicht zu stören. Aber wenn diese Regeln zu streng sind, entstehen Blockaden anstatt eines freien Energieflusses.

Was hat Körpersprache mit Gesundheit zu tun?

Nichts. Weil die Körpersprache nur ein Geschehen zum Ausdruck bringt. Körpersprache ist Kommunikation, wo man einander Signale schickt, sieht, interpretiert, versteht: In welchem Zustand ist der Andere? Ist das für mich gut? Ist das für mich bedrohlich? Wo stehe ich in der Kommunikation mit der anderen Person? Im Prinzip errichten wir mit dieser Kommunikation ein ganzes soziales Netz. Das heißt, der Körper reagiert darauf, was geschieht. Du sprichst mit jemanden und bemerkst zum Beispiel: Dieser Mensch hat wenig Energie, wenig Kraft, ist in sich versunken. Seine Linien gehen hinunter anstatt hinauf. Die Energie fließt nicht frei. Der Energiefluss des Körpers weist durchaus auf Gesundheit oder Krankheit hin. Jede Blockade dieses Energieflusses deutet auf Hemmungen hin. Hemmungen oder Blockaden entstehen durch Krankheit, werden uns aber großteils auch durch die Erziehung mitgegeben. In einem sozialen Netz braucht es freilich Spielregeln. Diese Regeln schreiben vor, was du nicht machen darfst, um den anderen nicht zu stören. Aber wenn diese Regeln zu streng sind, entstehen Blockaden anstatt eines freien Energieflusses.

Und ganz generell, was macht uns gesund?

Gesundheit hat natürlich mehrere Komponenten. Ich beziehe mich aber nur auf die soziale Kommunikationsebene. Ich bin kein Mediziner und kann daher nichts zu organischen Themen sagen. Im sozialen Miteinander ist es wichtig, sich angemessen zum Ausdruck zu bringen und dem Anderen die Möglichkeit zu geben, dazu Stellung zu nehmen. In einem guten kommunikativen Austausch entstehen auch keine Blockaden. Wenn z.B. Wasser auf eine Blockade stößt, findet es einen Weg, sie zu umgehen und weiter zu fließen.

Dafür haben wir die Kommunikation – auch die nonverbale – unter uns Menschen, um zu wissen, wie ich oder meine Worte beim Gegenüber ankommen. Wenn etwas, das ich tue oder sage, bei meinem Gegenüber einen Krampf auslöst, merke ich: Das ist nicht der richtige Weg. Es macht auch wenig Sinn, diese Blockade mit Krampf zu durchbrechen. Ich muss viel eher schauen: Wo ist der Weg, damit die Energie weiter fließen kann? Wenn wir im Fluss bleiben, funktioniert der ganze Metabolismus im Körper besser. Wenn meine eigenen Gedanken mir nicht beim Fließen helfen, sondern mich blockieren – mit Angst, Unsicherheit usw. – ist das ungesund.

Ich musste auf meinem eigenen Heilungsweg erst lernen, mich über meditative Übungen wieder mit meinem Körper zu verbinden.

Das Problem findet im Kopf statt. Das gesamte Freudsche System, wo man nur auf dem Sofa liegt, funktioniert nicht. Du musst die körperliche Erfahrung machen, die Veränderung selbst umzusetzen. Alte Erfahrungen werden durch neue ersetzt. Plötzlich merke ich: 97 Prozent meiner Ängste sind gar nicht real. Sie befinden sich nur in meinem Kopf. Siehst du hier einen Löwen? Nein, eben nicht. Das ist Spekulation. Eigentlich ist es aktuell mit Corona genauso. Man verbreitet Angst und Panik, sperrt die Leute ein, und sie haben Angst, das Haus zu verlassen, weil da das Virus lauert. Warum gibt es eigentlich so wenig Hinweise auf frische Luft, mehr Bewegung und andere Möglichkeiten, das Immunsystem zu stärken? Der Körper braucht Sauerstoff. Ist die Brust eingesunken, bekommen die Lungen automatisch weniger Sauerstoff. Das ist wie ein Auto – ohne Benzin kommt es nicht weit.

Ein sehr mechanisches Bild, passend zur modernen Medizin. Was denkst du dazu?

Der Körper hat Teile, die miteinander interagieren. Der Mensch ist keine Maschine. Er hat einen Geist und eine Seele, die das Werk am Laufen halten. Schon im Altertum wusste man: „In einem gesunden Körper wohnt eine gesunde Seele“. Man wusste, dass Sport, Bewegung und positiver Kontakt mit anderen Menschen gut für uns sind. Wir brauchen Hautkontakt, das ist bekannt. Was man zur Zeit mit alten Leuten macht, würde ich fast kriminell nennen. Isolation stürzt uns in Depression und auch die bringt uns den Tod. Okay, du bist nicht am Virus gestorben, sondern an Einsamkeit. Der Tod ist nicht immer physisch. Tot bist du auch, wenn deine Seele tot ist.

Medizin entwickelt sich. Wenn jemand eine neue Niere bekommt, und es hilft, weiter zu leben – warum nicht? Ich bin nicht dagegen, dass man Ersatzteile bekommt. Aber nicht, wenn man sie von lebendigen Menschen gegen ihren Willen nimmt. Dass man sie verkauft, damit andere überleben. Das finde ich schrecklich. Aber wenn jemand freiwillig spendet und es hilft, einem anderen das Leben zu erleichtern, ist das selbstverständlich in Ordnung.

Du hast vor Unternehmern und Managern gesprochen, aber auch vor Politikern und Ärzten. Wie reagieren diese Menschen auf dich?

Manche bekommen einen Schock, manche haben Aha-Erlebnisse. Ich versuche niemanden zu ändern. Ich habe kein Modell: „Du musst das so oder anders machen.“ Überhaupt nicht. Ich zeige nur, dass wir durch Erziehung auf falsche Wege gebracht wurden oder Gewohnheiten erlernt haben, die vielleicht einmal richtig waren, aber jetzt nicht mehr passen. Und ich schaue: Wie kann ich das reparieren? Wie kann ich es anders machen? Du bleibst, was du bist. Aber wenn du gewohnt bist, mit geradem Kopf zu sitzen – so wie du es jetzt tust – ist es immer Konfrontation. Versuch, den Kopf ein bisschen zu neigen. Schon lächelst du, merkst du? Warum konfrontierst du mich? Es geht weicher. Du bist dauernd in deinem Kopf: “Welche Frage muss ich als nächstes stellen? Akzeptiere ich, was er sagt, oder nicht?” Schon bist du streng. Warum?

Erziehung?

Genau das. „Ein Mann muss konfrontieren.“ Nein! Er muss rezeptiv, also empfänglich sein. Erst dann kannst du überlegen: „Passt seine Aussage zu mir oder nicht? Was ist meine Einstellung dazu?“ Aber du musst nicht dein ganzes Leben lang konfrontieren. Wenn du den Kopf ein bisschen neigst, was passiert dann? Der Flügel deines Halses ist plötzlich frei. Man kann dich beißen, und du kannst mir keinen Schlag verpassen. Weil der Körper in einer Neigung außerhalb der Balance, aber im Ruhezustand ist. Wenn du gerade bist, bist du in einer Hab-Acht-Stellung. Die ganze Muskulatur ist plötzlich angespannt. Dein Blick ist anders. Du brauchst nicht darüber nachzudenken, was der Körper von alleine macht. Der Körper ist ein sehr gut organisiertes System. Allein, wenn du den Kopf ein bisschen neigst, bist du rezeptiver, die Brust lockert sich. Merkst du?

Ja.

Das macht gleich einen großen Unterschied. Das ist ein Beispiel dafür, was ich versuche den Leuten beizubringen: Kleine Korrekturen. Wenn zum Beispiel jemand dominant mit dem Zeigefinger von oben nach unten agiert, ist es nicht angenehm, wenn dich der Zeigefinger sticht. Kannst du nicht das gleiche Angebot mit offener Hand machen? Das ist für beide angenehmer, und der Andere wird dein Angebot oder deine Argumente eher akzeptieren. Und er wird es freiwillig tun.

Wenn jemand plötzlich lernt, mit offenen Händen zu sprechen, was passiert da? Die Daumen zeigen automatisch nach außen. Du bist nicht mehr in Verteidigungshaltung. Das heißt, du lieferst den Mittelkörper, deinen Bauch und seine weichen Organe ungeschützt aus. Du gehst ein Risiko ein. Und du zeigst dem Anderen: Ich bin nicht im Kampf mit dir. Das ist ein freundliches Angebot. Wenn die Hände einem Impuls folgen und die Daumen nach außen drehen, ist das immer ein sich Öffnen. Zeigen die Daumen nach innen, verschließt du dich und verteidigst dich. Warum tust du das? Wir brauchen Austausch, keine Verteidigung. Ändern wir die Weltanschauung, ändert sich damit auch die Körpersprache. Das ist keine Gymnastik; man lernt nicht, gewisse Bewegungen zu machen. Wenn du in dir noch immer Ängste hast, wirst du die Hände nicht lange geöffnet lassen. Instinktiv wirst du sie wieder schließen, weil du noch immer den Schutzgedanken im Kopf hast.

Was für gesellschaftliche Auswirkungen hat es, wenn wir lernen, Körpersprache zu lesen?

Als Ergebnis brauche ich mich eben nicht mehr ständig zu schützen und ich muss Menschen nicht mit Kraft überzeugen. Ich beobachte und habe damit gute Argumente und gute Angebote. Und bei guten Angeboten akzeptiere ich auch ein Nein. Weil ein Nein kein Ende der Kommunikation ist. Wenn du zu einer Sache Nein sagst, sagst du zu allem anderen Ja. Ja zum Leben. Ja zu einem Angebot. Es gibt so viele Angebote für ein Ja. Das ist für mich gesunde Kommunikation, auch für einen Politiker. Sich selbst bewusst zu machen, an welcher Stelle ich provoziere. Aber auch, wo es leichter durch Offenheit gehen würde. Denn eigentlich dient ein Politiker, wie auch ein Arzt, der Gesellschaft, anstatt gegen sie zu kämpfen.

Nehmen wir einen Arzt als Beispiel: Er schaut dich mit geradem Kopf an. Je weniger der Arzt reagiert, weil er glaubt, er habe keine Zeit, desto verunsicherter wird der Patient. Das hilft keinem von beiden. Wenn der Arzt den Kopf leicht neigt, wird das Gespräch ein anderes. Lächeln, Nicken, genau, was du auch gerade gemacht hast, als du den Kopf ein bisschen geneigt hast. Kleine Reaktionen – „Oh, das ist interessant“, – „Das tut mir leid“ – „Es ist sicher nicht angenehm, dass Sie Schmerzen haben.“ Das baut den Austausch mit dem Patienten aus. Das alles führt zu einem verbesserten Miteinander. 

Danke für deinen Hinweis auf meine Körperhaltung. Mir war das gar nicht bewusst.

Genau da setze ich mit meiner Arbeit an. Man denkt immer, Gewohnheit wäre positiv. Wenn es nicht positiv wäre, wie hätte ich mich daran gewöhnen können? Gewohnheit könnte mich töten, aber weil ich die Gewohnheit überlebt habe, ist sie gut. Nein, das ist ein Irrtum. Du hast überlebt, aber mit welcher Energie, zu welchem Preis? Es gilt, seine Gewohnheiten in Frage zu stellen. Manche Leute sind spontan, aber die ganze Umgebung leidet darunter. Wer sagt, dass Spontaneität immer positiv ist? Vieles bedarf eines neuen Bewusstseins. Wir nehmen uns selbst nicht immer wahr in dem, was wir senden.

Wie kann ich meine Seele im Körper wahrnehmen? Wie verändere ich meine Körperwahrnehmung?

Die Seele wohnt im Körper. Gib ihr Raum. Du erlebst sie immer, in verschiedenen Formen. Vergiss nicht, die Seele ist wie Wasser. Gibst du sie in einen breiten Raum, kann sie sich entfalten. Gibst du sie in einen kleinen Raum, macht sie sich klein. Aber sie bleibt immer wie Wasser. Du gibst deiner Seele ihren Lebensraum und du nimmst ihn ihr auch. Gib ihr Freiheiten, gib ihr Flügel, damit sie frei sein kann. Durch welche Kanäle fließt sie bei dir? Öffne dich, dann erlebst du sie anders.

Foto: Peter M. Mayr

Wo sitzt das Zentrum des Körpers?

Ist das wichtig? Was macht das Zentrum ohne seine Arme? Und wohin bewegt es sich ohne seine Füße? Weißt du, im japanischen nennt man es das Hara. Wenn man dort zentriert ist, ist die Atmung ruhig und locker. Bist du in einer ruhigen Atmung, lässt du mehr fließen. Wenn die Atmung ruhig ist, ist der Puls ruhiger. Stress wirkt automatisch auf deinen Puls. Er wird schneller, beschleunigt sich, wird instabil. Und schon ist der ganze Körper nicht im Fluss. Das Hara bedeutet, in die Ruhe zu kommen. Dann kann der Körper besser entscheiden.

Kennst du das Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ von Daniel Kahnemann? Er ist Psychologe. Das Buch basiert kurz gesagt darauf, dass in unserem Körper zwei Dinge dominieren. Das eine ist das angeborene Gefühl. Es reagiert schnell, weil das Gefühl sich nicht mit Details beschäftigt. Es hat keine Zeit für Details, sondern muss schnell reagieren. Wenn du Hunger spürst und Nahrung da ist, reagierst du schnell – du isst. Wenn Gefahr da ist, reagierst du schnell – du kämpfst oder rennst weg. Und dann haben wir unser Gehirn. Es kann analysieren. Das heißt, manchmal sind die Gefühle nicht der einzige Gradmesser. Sie sind von anderen Erfahrungen und Erlebnissen eingefärbt. Das Gehirn hat Spaß daran, die Gefühle zu analysieren. Aber ab diesem Moment bist du langsam und nimmst vieles nicht mehr so genau wahr. Weil das Gefühl die Ganzheit wahrnimmt. Die analytischen Gedanken gehen systematisch vor. Dann achtest du auf das Detail und nicht mehr auf das Gesamtbild. Beides hat Vor- und Nachteile. Wir aktivieren sowohl Gehirn als auch Gefühle. Nur das Gefühl dominiert immer, weil es schneller ist.

Wenn wir kommunizieren, können wir währenddessen auch unsere Gefühle spüren, oder schließt sich das aus?

Wenn ich mir meines Körpers dauernd bewusst bin, nehme ich die Umwelt nicht mehr wahr. Das ist genau, was ich meine. Du analysierst die ganze Zeit. In dem Moment bist du langsamer und kannst nicht mehr reagieren. Der Körper reagiert aber automatisch. Warst du schon einmal im Winter in einer deutschen Kneipe? Geh einmal in eine und sitze dort eine halbe Stunde. Sie machen nie das Fenster auf. Früher als man noch geraucht hat, war es noch schlimmer. Wenn du rauskommst, werden deine Lungen nicht von dir die Erlaubnis verlangen, tief Luft zu holen. Sie öffnen sich von selbst wie ein Riesenballon, weil sie Sauerstoff brauchen. Dafür brauchst du nicht nachzudenken. Der Körper reagiert automatisch.

Loslassen braucht Mut. Und ich verlasse mich darauf, dass mein Körper schneller reagiert, als ich denken kann. Ich meine, du könntest auch mit dem Taschenrechner Berechnungen anstellen, bevor du eine Treppe hochgehst. Wie hoch ist die Treppe, wie tief, wie diagonal? Welchen Muskel muss ich betätigen, um über die Treppe zu gehen, welchen antagonistischen Muskel brauche ich, um die Statik meines Körpers zu halten? Du würdest bestimmt eine Viertelstunde rechnen. Aber die Rechenaufgabe macht der Körper in Bruchteilen einer Sekunde. Sonst würde der Fuß nicht richtig auf die Treppe kommen. Nur funktioniert es so schnell, dass dein Bewusstsein gar nicht hinterherkommt. Also: Verlass dich auf deinen Körper.

Bei Corona scheinen wir auch sehr “im Kopf” zu sein: Wir analysieren Zahlen und argumentieren mit Studien und Statistiken, aber offenbar haben wir kaum Vertrauen in unser Immunsystem.

Ich halte von der Statistik nichts. Wenn ich sage: „50 Prozent der Menschen sind krank geworden“, es waren aber insgesamt nur zwei Leute, sind es trotzdem fünfzig Prozent. Statistiken und Zahlen lassen einen großen Raum für Spekulationen. Schau dir die Nachrichten an. Sie sind immer negativ. Das verkauft sich besser. Und so neigst du mehr dazu, dich zu verschließen und zu schützen, anstatt dich zu öffnen. Sich zu öffnen braucht sehr viel Selbstvertrauen. Darum sage ich: Wenn ich meine Hände öffne, gehe ich ein Risiko ein. Ich lasse meinen Bauch ungeschützt. Aber es ist mir lieber, ein Risiko einzugehen, anstatt mich dauernd zu schützen. Ich lebe mit Freude. Ich lebe im Austausch mit Menschen. Selbst, wenn ich dann kürzer lebe, so habe ich wenigstens gelebt!

Fantasiespiel zum Schluss: Du bist der König deines eigenen Landes und kannst ein Gesundheitswesen errichten:

Das würde ich nicht machen. Du suchst nach Idealen. Weißt du, die ganze Evolution ist eine Sammlung von Erfahrungen. Diese Erfahrung hat immer neue Wege zum Überleben gesucht. Das ganze System der Evolution funktioniert so. Okay, wir versuchen durch Wissenschaften, durch Medikamente etc. länger zu leben. Wunderbar, lass uns das tun. Manche glauben dabei mehr an Schulmedizin, andere glauben mehr an naturheilkundliche Methoden. Auch diese Balance wird es immer geben. Jemand, der sich eher ganzheitlich orientiert, ist gesünder. Dieser Mensch hat weniger Ängste. Sonst würde er sofort den anderen Weg suchen. In sich ist dieser Mensch schon offener. Sterben müssen alle irgendwann.

Aber nach einem Ideal suchen, damit es keine Krankheiten gibt, will ich nicht. Ich möchte nicht ewig leben, das wäre langweilig. Es ist schön zu wissen, dass es ein Ende gibt. Wie lebe ich mein Leben, wenn ich weiß, dass es ein Ende hat? Was will ich vom Leben? Ich möchte nicht alles. Alles wäre zu viel. Aber was ich lebe, möchte ich positiv leben, in guter Kommunikation. Weil das meine Seele fröhlich macht. In dem Moment, in dem ich fröhlich und positiv bin, verfalle ich auch nicht dem falschen Bild, mir könnte nichts Schlimmes geschehen. Ja, ich bekomme Schläge, von der Natur, von Krankheiten, von anderen Menschen. Aber ich bin stark genug, das auszuhalten. Und das ist mein innerer Glaube: Ich bin stark genug!

Foto: Peter M. Mayr

2 Kommentare zu „Vertrauen in sich selbst – mit Samy Molcho, Experte für Körpersprache“

  1. Tolles Interview.
    Es erinnert mich wieder daran, dass die Einfachheit glücklich macht. Das Vertrauen auf den eigenen Körper und das Sich-Öffnen zum Anderen/der Welt.
    Wie wäre eine Welt wenn wir wirklich durch die Körpersprache jeden verstehen und durchleuchten können? Wie viel verbale Kommunikation braucht man dann noch wenn wir uns trauen durch den Körper bewusst zu kommunizieren?

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